Welche Eckdaten haben noch ihre Gültigkeit nach dem Spring Festival?

Brief aus Shanghai (Montag, 17. Februar)

Am heutigen Montag kann jeder, der will, in der Metro während der Rush Hour einen Sitzplatz bekommen. Die zentrale Linie 2 ist um 9 Uhr Ortszeit nur mäßig besetzt, nicht mehr als ¼ der sonstigen Passagiere sind unterwegs.

Es geht in der Presse nicht mehr um die Anzahl von Toten und Erkrankten durch den Coronavirus COVID-19, vormals 2019-ConV, es geht um die sinkenden Steigerungsraten, ob sie nachhaltig sinken, in Hubei oder anderen Provinzen. Es geht um die Erwartungen der Wirtschaft, die Bedürfnisse der Menschen in China, Asien und dem Rest der Welt. Es hat sich einiges geändert, China ist aus dem Gleichgewicht geraten und die Welt ins Stolpern. Aber wie sehr und wie lange?

Die Börse in Shanghai gibt uns schlechterdings einen Anhaltspunkt. Wer meint, der chinesische Aktienmarkt kehre wieder zu business as usual zurück, nur weil die Shanghaier Börse besser dasteht als vor dem Neujahrsfest, irrt sich. Der Staat hat mit Käufen in die Preisfindung eingegriffen, die verfügbare Liquidität mehrfach erhöht und die Werbetrommel in unbegrenztem Masse gerührt: Keine Abstriche an den Zielgrößen der Wirtschaftsentwicklung in China, keine Entlassungen in großem Stil! JD hat sogar schon vom Virus gebeutelte Arbeiter eingestellt.

Denken wir also selber nach. Suchen wir die Eckdaten für unser Business in unserem eigenen System. Was brauchen unsere Kunden? Was wollen wir von unseren Lieferanten? Was können wir von unseren Mitarbeitern erwarten, was erwarten diese von uns.

Lohnfortzahlung ist eine Selbstverständlichkeit. Kein ausländisches Unternehmen in China kann sich wie ein chinesisches Kleinunternehmen verhalten und ohne Rechtsgrundlage reagieren. Dennoch können all diejenigen Mitarbeitenden, die aus den Urlaubsorten nicht mehr zurück dürfen, in die sie zum Neujahrsfest gereist sind, um ihre Eltern oder Schwiegereltern zu besuchen, am Arbeitsplatz erwartet werden. Hier sollte die Personalabteilung und die Kollegen genaueres wissen oder in Erfahrung bringen können. Es ist also mit vermehrten Ausfällen zu rechnen.

Wie viele Arbeitskräfte werden denn gebraucht, wenn die Produktion nicht gleich wieder voll anfahren soll? In der Automobilindustrie sind die verzögerten Produktionsstarts schon durch die Presse bekannt gemacht worden. Aber das gilt nicht für alle Branchen.

Wichtiger ist aber zuerst das Management. In China handelt jeder Arbeitnehmer nun mal nach Anweisung und Arbeitsplatzbeschreibung. Selbstständiges Denken ist nicht die Regel und selbst wenn selbstständig gedacht wird, wird noch lange nicht danach gehandelt. Vorsicht ist oberstes Prinzip.

Also ist das Management gefragt, auch das Top-Management. Ist das an Bord? Wo sind die Lücken? Wie können Lücken geschlossen werden? Nicht alles kann remote im Telefonkontakt mit der Muttergesellschaft geklärt werden. Sind die aus dem chinesischen Ausland stammenden Manager wieder zurück? Sind sie willens zurückzukehren? Diese Frage stellt sich diese Woche in mancher Zentrale.

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Jürgen E.L. Meyer

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Aber die derzeit wichtigsten Leute können im Telefonkontakt, eventuell sogar von zu Hause wichtiges leisten, sie sitzen im Vertrieb. Neue Aufträge sind nicht die entscheidende Frage, sondern die bestehenden! Gelten sie noch? Stehen die Kunden noch zu ihren Aufträgen von vor dem Neujahrsfest? Die Rechtslage ist dünn. 'Force majeure' ist das Stichwort, „höhere Gewalt“ und laut Philipp Senff, CMS Schanghaier nur im Einzelfall auf der Grundlage der detaillierten Kundenvereinbarungen zu entscheiden. Aber was hilft mir ein vielleicht erfolgreicher Gerichtsentscheid lange Zeit später und eine noch spätere Begleichung der Faktura?

Besser ist doch, ich erfrage vom Kunden die aktuelle Lage, produziere und liefere nur das und so viel, wie er haben will und habe dann viel bessere Aussichten das Geld dafür zu bekommen, als wenn ich mich nur auf Papier berufe. Jetzt wird deutlich, wie gut meine Vertriebsmitarbeiter in der Lage sind über 'das Geschäft' zu reden, die wirtschaftliche Lage des Kunden zu beurteilen und die Erkenntnisse im eigenen Unternehmen zu kommunizieren. Jetzt kommt es darauf an, differenzierte Informationen vom Vertrieb zu erhalten und nicht nur den Auftragseingang. Die Auftragslage am Ende dieser Woche sieht anders aus als sie sich heute Morgen darstellte. Und das Produktionsprogramm auch.

Die 'Wünsche ändern sich. Manchmal von heute auf morgen. Darum muss ein Unternehmen in der Lage sein, unmittelbar zu regieren.' Das ist nicht nur dieser Tage eine Werbeaussage von SAP, sondern relevanter denn je.

Jürgen E.L. Meyer, YanJie-Horizon

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