Wissen Sie, was Ihr Unternehmen macht? Und auch warum?
Brief aus Shanghai (Dienstag, 24. März)
Der Virus bremst uns aus. Das Leben wird langsamer. Lassen Sie uns grob schätzen, was das bedeutet.
1) „Was muss jetzt geschehen?“
Die Volkswirte und die Fachpresse sprechen von einem doppelten Schock. D.h. es geht um einen Angebotsschock einerseits, also eine Störung in der Supply Chain und dadurch induzierte höhere Kosten der Herstellung und der Logistik. Dazu gehört auch eine Störung der Lieferkette, wenn Material nicht verfügbar ist oder Erzeugnisse nicht ausgeliefert werden können, im Extremfall Lieferanten ausfallen.
Andererseits geht es um einen Nachfrageschock, also ein Ausbleiben der nachgefragten Mengen (Eine Minderakzeptanz der vorhandenen Preise liegt zunächst nicht vor).
Bei beiden Schocks ist es bedeutsam, die Persistenz also die Dauerhaftigkeit richtig einzuschätzen.
Wenn der Staat durch Kurzarbeitergelt (wie in Deutschland), Schecks an die Haushalte (wie in USA diskutiert) oder Diskriminierung von Entlassungen (wie in China) das generelle Nachfragepotential aufrecht erhält, kann das neue Gleichgewicht nach dem Virus-Schock nicht so weit vom alten Gütermarkt-Gleichgewicht entfernt sein.
"Je länger die Krise dauert, desto deutlicher wird eine simple Wahrheit: In der arbeitsteiligen Welt sind sehr viele Leute systemrelevant" (Patrick Bernau, FAZ).
Bei vielen Dienstleistungen (insbesondere Events, Touristik, Hotels und Gaststätten etc.) wird der Nachfragerückgang hingegen noch so lange anhalten, wie 'social distancing' angesagt ist.
Im B2B Geschäft müssen auch Ausfälle bei den Kunden berücksichtigt werden. Nicht jedes Unternehmen, was bislang zu ihren Kunden zählte, wird überleben können. Darüber mit ihren Kunden zu sprechen ist heikel und verlangt Fingerspitzengefühl. Ihr Vertriebsmitarbeiter könnte für den Kunden die falsche Person sein, der gegenüber er offen spricht.
Solche Gespräche werden dann zur Chefsache. Werden Sie sich auch vorab darüber klar, welche Zugeständnisse Sie bei Preisen, Liefer- und Zahlungskonditionen machen können. Wenn Ihre Branche zukunftsträchtig ist, dann kann eine längere Zahlungsfrist oder ein Wechselgeschäft auch für Sie selbst von Vorteil sein, so wie Ihre Liquidität ausreicht.
Diejenigen in Vertrieb oder Unternehmensleitung die jetzt meinen, abwarten zu wollen, haben die Lage nicht verstanden.
Spätestens an dieser Stelle wird klar, nur Gespräche auf oberer oder höchster Ebene führen weiter. Branchenverbände, die so etwas mit großer Beteiligung "informell institutionalisieren" können, sind jetzt besonders gefragt! Aber warten Sie nicht auf die, sprechen Sie mit Ihren Kunden, ergreifen Sie die Initiative.
Das gleiche gilt spiegelbildlich auf der Lieferantenseite. Welche Ihrer Produktlinien haben Bestand? Welche Lieferanten haben Sie dafür, welche alternativen Beschaffungsmöglichkeiten gibt es? Die alles entscheidende Frage ist auch hier: Kann der Lieferant liefern? Bekommt er die Produkte bis an ihr Werkstor? Und überlebt der Lieferant die Krise? Auch hier werden Gespräche auf oberer und höchster Ebene nötig sein.
2) „Was bedeutet die Covid-Krise für ihr Unternehmen, für ihr Geschäft?“
Die neuen Planzahlen für 2020 sehen wie folgt aus: 1 Monat fällt schätzungsweise im Jahr 2020 aus. D.h. alle Zeilen der Plan-GuV werden mit 11/12 multipliziert, nur die Personalkosten, Abschreibungen, Miet-, Leasing-, Zins- und Tilgungszahlungen bleiben. Dann feilen Sie noch ein wenig an den anderen Zeilen, z. Bsp. Energiekosten. Das reduziert den Gewinn kräftig. Aber das ist der Virus, so geht es allen. Warum sollten Sie eine Ausnahme machen?.
Die KfW und die EIB vergeben Kredite. Kein Unternehmen braucht sich solcher Hilfen zu schämen.
Ca. 8% Rückgang in Deutschland prognostizieren Baldwin und Weder di Mauro für eine weite Pandemie Ausdehnung. Die Bunderegierung bringt ein Wirtschaftsprogramm auf den Weg und nimmt selber dafür Schulden von 10% der jährlichen Wirtschaftsleistung Deutschlands auf. Das sind die gegenwärtigen Erwartungen.
Sie haben nur 2 Wochen (oder eher 6) verloren? Na, dann multiplizieren Sie eben mit 50/52 (oder 46/52). Planung ist nicht so schwierig, aber eine Fleißarbeit..
So sieht 2020 für alle aus, die Toaster, Autos oder Maschinen herstellen, Dienstleistungen anbieten. Wer Equipment für Online-Konferenzen anbietet steht besser da, wer im Tourismus oder Verkehrsgewerbe tätig ist, muss weiterdenken. Restaurants, Hotels und Reiseunternehmen können nicht auf nachgeholte Umsätze wie die Autoindustrie hoffen.